Stell Dir vor es ist IT-Konferenz und alle Teilnehmer sind freiwillig da. Schlips und Anzug sind verpönt, aber inhaltlich geht es mindestens genauso ertragreich zu wie auf einem klassischen Kongress – vielleicht sogar ein wenig mehr: Willkommen zum BarCampCologne 2!
Am 18. und 19. August trafen sich zum wiederholten Male Web-Entwickler, Programmierer, Start-Up-Unternehmer, Juristen und Journalisten in Köln, um über die Zukunft des Internets, aktuelle Technologien und dessen soziale Auswirkungen zu diskutieren.
Das besondere an einem BarCamp: Es ist kostenlos und jeder Teilnehmer kann Vorträge und Diskussionsrunden, so genannte „Sessions“, zu seinem Fachgebiet anbieten. Kurz nach Eröffnung stellt jeder der möchte sein Thema vor, lotet sogleich das Interesse beim Publikum aus, und platziert seine „Session“ auf dem Tagesplan.
Beliebte Themen: Law and Order
Keine Sorge auf mangelndes Interesse zu stoßen hatte auch diesmal wieder Guido Karl, Polizist vom Innenministerium NRW. In seiner Session erklärte er im übervollen Showroom das Internet aus Sicht der Ordnungshüter und warum die Polizei eigentlich das Web 2.0 erfunden habe: Denn ähnlich wie heute in den zahlreichen Communities wie MySpace oder Facebook hat man dort schon lange eine Profildatenbank mit seinen „Usern“ angelegt. „Allerdings gibt es bei uns immer nur drei Bilder: Eins von vorn, links und eins von rechts“, so Karl.
Gekonnt und mit Witz vorgetragen nutzte Karl die Gelegenheit, mehr Bürgernähe zu demonstrieren, Vorurteile abzubauen und auf die unterschiedlichen Angebote der Polizei im Internet hinzuweisen. „Als Polizisten stehen wir unter viel strengerer Beobachtung bei allem was wir tun und müssen uns als Diensteanbeiter im Internet an strengere Regeln halten als ihr“. Ein wichtiges Thema bei allem was seine Behörde ins Internet stelle, sei beispielsweise die notwendige Barrierefreiheit, also das Funktionieren einer Webseite für Browser und Plattformen aller Art, so auch spezielle Browsersoftware für Blinde.
Am Beispiel G8-Gipfel in Heiligendamm und der Verfolungsjagd zu See, nachdem Greenpeace-Boote in die Sperrzone eingedrungen waren, verwies Karl darauf, dass eben auch die Polizei selbst durch die Omnipräsenz von Kameras und Medien heute viel stärker unter Überwachung stehe als es noch vor einigen Jahren der Fall war. Zu einer tiefergehenden Bewertung dieses Beispiels kam es während der Session jedoch nicht.
Recht und Gesetz standen dann auch bei Rechtsanwalt Thomas Schwenke aus dem ostfriesischen Westoverledigen auf der Tagesordnung. Auf seiner ebenfalls recht gut besuchten Session, die kurzerhand von einem kleinen Konferenzraum in den Showroom verlegt werden musste, stand der auf Internetrecht spezialisierte Schwenke (Advisign) seinen Zuhörern zu Fragen der Forenhaftung Rede und Antwort, machte den Unterschied zwischen der einer generellen Haftung des Seitenbetreibers sowie der usergenerierten Content-Haftung deutlich und wie man im Fall einer Abmahnung am besten reagiert. Unumgängliche Erkenntnis: Sobald ein Internetangebot einen gewissen Bekanntheitsgrad erlangt, aber man noch zu den kleineren Playern am Markt gehört, steigt das Risiko, rechtlich angegangen zu werden. Hier gilt es, sich im Vorfeld ausreichend zu schützen – was aufgrund unterschiedlicher Rechtsprechung leider nicht immer möglich ist. Diese Erfahrung bestätigte auch Ibrahim Evsan, Gründer des Multimediaportals „sevenload.de„, der in seinem Unternehmen gleich drei Rechtsanwälte für solche Fälle beschäftigt.
Ein Herz für Trolle
Aber nicht nur rechtliche Probleme machen den Betreibern eigener Internetangebote zu schaffen: Ein Herz für Trolle zeigte Torsten Kleinz, freier Journalist und Autor des „Kimble Reports„, bei der Session über eine ganz besondere Gattung von Internetuser. Kleinz diskutierte mit den Teilnehmern Wege und Möglichkeiten mit diesen teilweise amüsanten, meist aber doch recht lästigen Zeitgenossen umzugehen. Dazu gehört natürlich auch eine genaue Definition und Unterscheidung der Trolle in den so genannten „Dumm-Troll“, den „Ich-will-ja-nur-gesagt-haben-Troll“, den „Über-Troll“ und den „Kampagnen-Troll“, sowie die entsprechenden Gegenstrategien, sollte das eigene Forum von von diesen anhänglichen Tierchen befallen sein.
Auf einem BarCamp geht es aber auch ums Geschäftliche: Welche Wege und Möglichkeiten bieten sich als Third-Party-Anbieter in der API-Programmierung für Portale wie eBay und wie lässt sich in diesem Umfeld die Wertschöpfungskette besser ausnutzen. Das veranschaulichte Frank Engel von der Supreme NewMedia GmbH aus Aachen, den Machern der Stadt-Community „TownKings„, seinen Zuhörern.
Rechtliches, Wirtschaftliches, Kurioses und Amüsantes: Die Palette der Sessions reichte auch diesmal wieder über ein großes Spektrum: Von „Tageszeitungen im Internet“ über „Community Management“ bis hin zur Einführung in die Geheimnisse der Suchmaschine Google reichte das Angebot der Veranstaltung, die sich rein durch Sponsoren finanzierte. Unmöglich für einen einzelnen Teilnehmer an den über 90 Sessions, die in den zwei Tagen abgehalten wurden allesamt teilzunehmen. Doch so war für jeden das gewissen Sahnestückchen mit dabei.
Auch die bekannteren Köpfe der Bloggerszene waren an diesem BarCamp-Wochenende in Köln vertreten: Den „elektrischen Reporter“ Mario Sixtus sah man am Samstag nur mit Kopfhörer und Videokamera bewaffnet durch die Räume schleichen. Robert Basic nahms dagegen etwas gelassener und notierte sich seine Gedanken wohl eher im Kopf.
Auch wenn es auf einem Barcamp lockerer zugeht als auf einem klassischen Kongress: Man darf sich durch den äußeren Eindruck und den lockeren Umgangston nicht täuschen lassen. Hier treffen sich mehr als nur ein Haufen Nerds für gemeinsame Stunden auf einer LAN Party. Wer wissen will, wo das Internet hinsteuert findet auf einem Barcamp so manch sinnvolle Anregung für das eigene Projekt. Und Kontakte knüpfen ging beim anschließenden Grillen mit Pils und Kölsch sowieso ganz automatisch!
Leider hab ich das BarCampCologne2 verpasst.
Für nächstes Jahr nehme ich mir auf jeden Falls Zeit. Echt viele interessante Informationen zu Web 2.0. und tolle Projekte werden vrogestellt.