Bundeskanzlerin Merkel kündigte vor zwei Tagen auf dem „Elektrogipfel“ in Berlin medienwirksam mit Vertretern der Automobilindustrie an, in nur zehn Jahren sollen eine Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen rollen. Toll, dachte ich mir, nehm ich die Frau doch mal beim Wort.
2013 wollen BWM, Daimler und auch VW mit einem Serienmodell aufwarten. Bereits 2011 könnten Opel und Renault vorpreschen, 2012 dicht gefolgt von Ford und Toyota. Ob das alles wirklich emissionsfreier und damit „umweltfreundlicher“ ist, wenn statt Öl Strom gebraucht wird, sei einmal dahingestellt. Auch Strom will schließlich produziert werden. Doch da sind wir schon bei meinem größten Problem: Wo tanke ich die Kiste auf?
Ich lebe in der Stadt, also genau dort, wo sich das Elektromobil besonders lohnen soll. Und ein neues Fahrzeug steht in zwei, drei Jahren vielleicht auch noch an. Doch in nur fünf Minuten an der E-Tankstelle wird es mit den Akkus wohl auch in drei Jahren noch nicht gehen. Bleibt also nur, den Wagen über Nacht auf dem heimischen Parkplatz „aufzutanken“.
Wunsch trifft Wirklichkeit
Doch moment, wieviele Städter müssen ihren Wagen jeden Abend vor der Haustür an den Straßen abstellen? Soll nun jeder mit der Kabeltrommel Bürgersteige und Hauswände verdrahten? Ich glaube kaum, dass die Kommunen in der derzeit klammen Haushaltslage Geld für öffentliche „E-Zapfstellen“ an jedem Parkplatz übrig haben. Fällt für diese Städter das Eletromobil also schonmal flach.
Dann gibt es die Städter mit einem eigenen Parkplatz. Ich habe auch das Glück. Bei mir und den Leuten in der Nachbarschaft ist zwar auch noch keine Steckdose, aber da wir ja alle so hypermodern sind und Frau Merkel soeben den Elektroboom ausgerufen hat, frage ich doch mal bei meiner Wohnungsbaugesellschaft nach. Welche Gedanken man sich zum Thema Elektoautos und Mieterparkplätze dort wohl für die Zukunft gemacht hat?
Die Antwort kam prompt und war ernüchternd:
Tja Frau Merkel, ob das reicht, wenn die Hersteller schon nächstes Jahr Elektromobile in Serie anbieten? Wenn Steckdosen hier – und sicher an vielen anderen Orten auch – noch nicht einmal „angedacht“ sind, wer wird die Kisten kaufen? Nur Eigenheimbesitzer mit Faible fürs Elektromobil? Achso ich vergaß, Förderprogramme schloß die Kanzlerin übrigens aus. Der Boom wird wohl noch warten müssen…
Update Juni 2019
Gute neun Jahre nach meiner ersten Mail und einem nun spürbaren E-Auto Boom, wenn auch noch weit von den damals geplanten 1 Millionen Fahrzeugen entfernt, habe ich wieder einmal bei meiner Hausverwaltung nachgehakt. Diesmal telefonisch. Auch diesmal heißt die Antwort sinngemäß: Bauliche Veränderungen für Ladestationen sind weder angedacht noch geplant.
Na dann bleibe ich wohl noch eine ganze Weile beim Verbrenner…