Farah Jean sitzt nun schon seit dem Wochenende in Ihrer Wohnung in Petíonville fest, unweit der haitianischen Hauptstadt Port-Au-Prince. „Es ist zu gefährlich zur Arbeit zu gehen. Auf den Straßen herrscht das Chaos und auch kriminelle Banden machen sich die Situation zunutze“, schreibt sie mir online über den Yahoo-Messenger.
Die Preise für Lebensmittel in dem ärmsten Land der westlichen Hemisphere sind in den letzen Monaten exorbitant gestiegen. Über das Internet kann ich mich nur sporadisch und für kurze Zeit mit der 25-jährigen Bankangestellten und früheren Moderatorin bei einem haitianischen Fernsehsender unterhalten und nach Neugikeiten aus ihrer krisengeschüttelten Heimat fragen. Strom gibt es in ihrer Wohnung nur für wenige Stunden am Tag: „Das ist Haiti“, meint Farah resigniert.
Jahrelange Diktaturen haben Haiti wirtschaftlich in den Ruin getrieben. Seit 2004 versuchen UN Friedenstruppen dem Land einen Weg in die Demokratie zu eben, doch mit mäßigem Erfolg. Korruption und Gewalt machen alle Anstrengungen immer wieder zunichte. Auch Farah glaubt nicht mehr an den Nutzen dieser Mission „Die machen hier Urlaub“, sagt sie verbittert. Die überwiegende Mehrheit der Haitianer muss ihr Leben mit rund einem Euro pro Tag bestreiten. Doch dafür bekommt man heute gerade mal ein Kilo Reis. An Fleisch ist nicht zu denken.
Entführungen sind an der Tagesordnung. Sie gehen dann glimpflich aus, wenn die Angehörigen Lösegelder zahlen. In der letzten Woche geriet ein Freund von Farah in die Hände von Kidnappern. „Wir hatten telefonischen Kontakt mit ihm. Nach der Zahlung eines Lösegeldes war er bald wieder auf freiem Fuß.“ Aber die Zeit zur Freude hielt nicht lange an. Schon am Samstag wurde eine Freundin entführt. „Gehört haben wir von ihr bislang noch nichts.“
In den Nachrichten hört man von dem Land nur, wenn Unruhen und Gewalt einen gewissen Grad erreicht haben. Die internationale Politik ist viel zu sehr mit anderen Problemen beschäftigt, Krieg im Irak, Krieg in Afghanistan und nun auch noch die Ausschreitungen im Vorfeld der Olympischen Spiele in Peking. So leben die Haitianer weiter mit dem Wissen, dass der restliche Planet sie längst aufgegeben hat. In den ärmsten Stadtvierteln werden Kekse aus Lehm hergestellt, die den nötigsten Hunger stillen sollen.
Unruhen in den Straßen von Haitis Städten breiten sich aus. Foto: (c) 2008 UN/MINUSTAH
Auch in anderen Ländern der Welt steigt die Wut
Aber nicht nur auf Haiti, überall in der Welt werden die Lebensmittel immer teurer. Während die Menschen dies in den Industrienationen noch mit einem Murren hinnehmen können, wird die Lage für die Bevölkerung in den armen Ländern immer präkerer. Die Schuld für die Preisexplosionen vermuten Experten dabei auch bei Spekulaten an den weltweiten Handelsplätzen. So warnt jetzt auch die Weltbank vor der Verarmung ganzer Landstriche, sollte sich keine Lösung finden.
„Die Armen sehen sich aber nicht nur höhren Lebensmittelpreisen, sondern auch steigenden Energiekosten ausgesetzt. Eine besorgniserregende Kombination“, meint Danny Leipziger, Vizepräsident für den Bereich Armutsbekämpfung und wirtschaftliches Management (PREM) bei der Weltbank.
Preistreiber Biosprit
Während in den Industrienationen die Nachfrage nach biologischen Energiequellen steigt und auch China Lebensmittel in immer größerem Umfang nachfragt, bleibt für den Rest der Welt immer weniger übrig. Ganze Landstriche dienen mittlerweile nicht mehr der Produktion von Lebensmitteln sondern zum Anbau von Rohstoffen für die Herstellung von Bio-Treibstoff. Wo das nicht reicht, werden Regenwälder gerodet um in Europa oder den USA den Menschen ein gutes Gewissen vorzugaukeln, da sie jetzt vermehrt auf „ökologisch verträgliche Produkte“ zurückgreifen können. Eine Milchmädchenrechnung. Die Verlierer sind mal wieder die Entwicklungsländer. Die Preise steigen, die Menschen können sich ihre tägliche Ration Brot oder Reis nicht mehr leisten.
Treibstoff statt Nahrung: Palmölplantage in Cigudeg/Jawa Barta, Indonesien. Hier wächst Bio-Sprit für das gute Umweltgewissen in den Industrienationen. Foto: (cc) Achmad Rabin Taim
Während eines der größten reisproduzierenden Länder wie Indien nun erklärte, den Export von Reis zu verringern um die eigene Bevölkerung besser versorgen zu können, haben sich beim einem der größten Reisimporteure der Welt, den Philippinen, bereits dramatischere Szenen abgespielt. Die Regierung rief zum sparsameren Umgang mit Reis auf, das Militär hat angefangen die arme Bevölkerung mit Reis-Rationen zu versorgen, da sich immer weniger das immer teurer werdende Produkt leisten können. Gleichzeitig warnte Präsidentin Arroyo Händler davor, Reisvorräte zu horten um damit künstlich die Preise nach oben zu treiben. Die Angst vor Unruhen geht um.
In Ägpyten kam es Anfang April zu Straßenschlachten mit Toten und Verletzten. Auch hier war der Grund in gestiegenden Lebensmittelpreisen zu finden und der wachsende Unmut der Bevölkerung. Ebenso in Burkina Faso, Kamerun, der Elfenbeinküste, dem Senegal und in Mauretanien kam es bereits zu Unruhen aufgrund der steigenden Preise.
Wie es in Haiti weitergeht ist unklar. Derzeit haben sich die Unruhen der vergangenen Tage noch einmal verschlimmert. Mein Kontakt via Internet ist seit Dienstag abgebrochen. Auch telefonisch ist derzeit kein durchkommen.
Surftipps
de.wikipedia.org/wiki/Haiti
Allgemeine Informationen über den Karibikstaat Haiti (creol. „Ayiti“)
www.minustah.org
Mission des Nations Unies pour la Stabilisation en Haiti (französisch)
www.wfp.org
World Food Programme: WFP calls for funds to curb more unrest in Haiti (englisch)
www.nzz.ch
Neue Züricher Zeitung: Haiti droht erneut im Chaos zu versinken
www.faz.net
FAZ: Hungerrevolte auf Haiti
Hallo
die die Geld haben sollten wenigstens „Armenküchen“ in „Unruhestadtteilen“finanzieren um drohenden“Revutuionen“und
Unruhen entgegenzuwirken,insgesammt käme es den
„Reichen und Wohlhabenden“ viel günstiger und ruhiger!
P.S:mit weniger fliessendem Blut………………