Technikmuseum Speyer. Eventhalle. Wir schreiben den 4. Oktober 2014. Der Saal ist bist auf die letzten Stuhlreihen gefüllt. Kameraleute drängeln sich um die besten Plätze. Die Sicherheit hat alle Hände voll zu tun. Felix Baumgärtner, Extremsportler und Stratosphärenspringer wartet ebenfalls auf den großen Moment. Dann fährt eine Maybach Limousine vor.
Wieder warten. Niemand steigt aus. Durch die noch nicht abgedunkelten Glasfenster der Halle können einige der Anwesenden ihn bereits durch das heruntergelassene Autofenster erkennen: Raumfahrtlegende Edwin Eugene „Buzz“ Aldrin, Jr. gibt sich die Ehre. Wann hat man schon mal die Gelegenheit den Mann live zu erleben, der am 21. Juli 1969 zusammen mit Neil Armstrong als erste Menschen den Mond betrat?
Nach endlosen Minuten ist es dann soweit. Unter Applaus betritt Buzz Aldrin, Astronaut von Gemini 12 und Apollo 11, die Halle. Tags zuvor ist er im nordrhein-westfälischen Hattingen noch mit dem Steiger-Award ausgezeichnet worden. Jetzt ist er nach Speyer ins Technikmuseum gereist um von seinem Leben, der Mondlandung und seinen Zukunftsvisionen für die bemannte Raumfahrt zu sprechen.
Inhalt
Buzz Aldrin über die Mondlanung, sein Leben und den ganzen Rest
Aldrin ist ein fesselnder Redner. Er weiß, wie er das Publik für sich gewinnt. Meist jedenfalls. Mit Witz und Charme erzählte der 84-jährige von seinem Leben. Mit zwei Jahren nahm ihn sein Vater Eugene Aldrin Sr., Armeepilot, erstmals mit in die Lüfte. Hier wurde der Grundstein für die spätere Karriere des Piloten und Raumfahrers Aldrin gelegt.
1951 machte Buzz Aldrin an der Militärakademie West Point seinen Bachelor als Maschinenbauingenieur. Dann erzählt er, wie er im Koreakrieg als Kampfpilot zwei gegnerische Mig15 Flugzeuge abschoss. Stille. Nur eine Person im Publikum klatscht, der Rest mag nicht so recht mit einstimmen. Krieg passt gerade irgendwie nicht in die Raumfahrer-Stimmung. Schnell weiter.
Der Krieg ist vorbei und Aldrin studiert Luft- und Raumfahrttechnik am Massachusetts Institute of Technology. Schließt dort mit dem Doktortitel ab. Seine Dissertation handelt über Navigationstechniken für die bemannte Rendesvouz im Orbit. Damals absolutes Neuland.
Seinen ersten Weltraumflug absolvierte Aldrin dann im Juni 1966 während der Gemini 12 Mission. Bei einem Weltraumspaziergang „schoss ich dann bereits vor langer Zeit mein erstes Selfie. Seitdem versuchen viele, es mir nachzutun“, erzählt Aldrin und hat die Lacher des Publikums auf seiner Seite.
Die Reise zum Mond
Mit starker Mimik und eindrucksvollen Gesten erzählt Aldrin dann von seiner achttägigen Reise mit Apollo 11 (16. bis 24. Juli 1969) zum Mond. Zusammen mit Michael Collins und Neil Armstrong „lebten wir drei in einer Raumkapsel, von etwa der Größe, die ein normales Auto im Innenraum bietet. Wie ein normaler Volkswagen“, so Aldrin.
Der große Moment war gekommen: „Am 20. Juli 1969 stiegen Neil und ich in die Landefähre, die wir ‚ The Eagle‘ nannten, und trennten uns vom Kommandomodul ‚Columbia‘ in dem Michael Collins verlieb.“
Aldrin berichtet, dass das Landemanöver zum Ziel im „Meer der Ruhe“ das komplizierteste Manöver der ganzen Mission war.
„Landen war der schwierige Teil. Ohne Landung kannst Du nicht auf dem Mond spazieren gehen. Und ohne die erste Landung, wird die zweite Landung eben zur ersten Landung.“ Schmunzeln im Publikum.
15 Sekunden, die über Leben und Tod entschieden
Da das Landegebiet voller Steine war, mussten Armstrong und Aldrin mehrere Steuerungsmanöver durchführen, um eine geeignete Stelle zu finden. Das aber hat zusätzlichen Treibstoff verbraucht. Am Ende war alles ganz knapp: „Als wir schließlich landeten, hatten wir noch für 15 weitere Sekunden Treibstoff übrig“, ergänzt Aldrin.
Auf die oft gestellte Frage, warum Neil Armstrong der Erste war, der den Mond betrat, hat Aldrin zwei mögliche Antworten parat: „Es kann sein, weil er Kommandant der Mission war. Und Anführer stehen immer vor ihren Leuten. Es kann aber auch sein, weil er näher an der Tür war.“ Mit dieser pragmatischen Version erntet er abermals Applaus und Lacher.
„Als ich auf die talkumähnliche Oberfläche des Mondes trat, waren die ersten Worte, die mir durch den Kopf gingen ‚großartige Trostlosigkeit‘. Es war die großartige Vollendung der Menschheit, zum ersten Mal den Fuß auf eine andere Welt zu setzen. Und dann war da diese Trostlosigkeit der Millionen Jahre alten Mondoberfläche ohne ein einziges Lebenszeichen.“
Aldrin präsentierte schließlich das berühmte Foto eines Astronauten im Raumanzug auf dem Mond. „Das bin ich auf dem Bild“, fügt er hinzu. „Neil hat es damals von mir gemacht. Und wenn Sie mich fragen, warum das Foto es zu soviel Berühmtheit geschafft hat, dann habe ich nur drei Worte für Sie: Location, Location, Location!“ Der Mann weiß, wie man das Publikum unterhält.
Die Zukunft gehört dem Mars
Doch Aldrin mochte nicht nur von der Vergangenheit sprechen. Er sieht sich selbst als Fürsprecher und Unterstützer für eine Zukunft in der bemannten Raumfahrt. Einer Zukunft, die womöglich nur durch länderübergreifende Kooperationen mit China, Europa, Russland, Japan und Indien und zusammen mit der Privatwirtschaft erreicht werden kann. „Wir leben in einer Zeit, in der Weltraumtourismus schon Realität geworden ist“, bemerkte Aldrin weiter.
Dennoch sieht der Patriot Aldrin die USA in der Führungsrolle bei der weiteren Erkundung des Weltraums. Das nächste Ziel sei der Mars. Seine Vision sieht eine erste bemannte Marslandung bis zum Jahr 2032 vor. Dafür müsse man keine vollkommen neuen Antriebsraketen erfinden. Man müsse nur das ausreizen, was man bereits als Technik vorhanden habe.
Natürlich nutzte Aldrin die Gelegenheit, ein wenig Werbung für sein neues Buch „Mission to Mars“ zu machen. Eigentlich hätte es besser „Missions to Mars“ heißen müssen, bemerkte Aldrin. Denn seiner Überzeugung nach wird es nicht bei einer einzigen Mission bleiben.
Auf dieser „Roadmap zum Mars“, die er auch auf seiner Homepage präsentiert, sieht Aldrin Übungsflüge zu erdnahen Asteroiden vor. Wie etwa 2001GP2, die 2019 und 2020 der Erde auf rund 16 Millionen Kilometer nahe kommen. 2021 könnte man sich mit einer bemannten Kapsel dem Asteroiden 99942 Apophis nähern und, als letzten Schritt vor der eigentlichen Marslandung, im Jahr 2025 eine Landung auf dem Marsmond Phobos durchführen.
Doch um diese Ziele überhaupt zu erreichen, bedürfe es einer elementaren Strategie für die Vereinigten Staaten, so Aldrin weiter. „Ich hielte eine Art United Strategic Space Enterprise für sinnvoll“, sagt Aldrin und scherzt „Sie merken was? U.S.S. Enterprise!“
Dieses Vorhaben wäre eine Art unabhängiger Think Tank um Interessenskonflikte zwischen Industrie und Politik zu minimieren, aber auch um die Öffentlichkeit regelmäßig über die Definition und den Fortschritt auf dem Laufenden zu halten.
Doch damit all das Wirklichkeit werde, sei es vor allem wichtig, das Interesse an der Raumfahrt in vor allem bei den jungen Menschen am Leben zu halten. Eindringlich appellierte Aldrin an die junge Generation: Sie müsse weiterhin Kernthemen wie Naturwissenschaften, Technologie, Ingenieurswissenschaft, Kunst und Mathe studieren.
Und was ist mit Pluto?
In der anschließenden kleinen Fragerunde meldete sich ein Vater, der mit seinen beiden Töchtern im Alter zwischen 8 und 10 Jahren zum Vortrag gereist war. „Wenn sie groß sind, wollen die beiden gerne zum Mars und zum Pluto reisen. Wohin sollen Sie denn ihrer Meinung nach zuerst?“
Da winkt Aldrin ab „Pluto? Der ist viel zu kalt, zu klein und viel zu weit weg. Pluto überlasst ihr lieber Disney!“ Wieder hatte er die Lacher auf seine Seite.
Nun noch schnell ein Foto neben dem orginalgetreuen Nachbau seines Apollo 11 Raumanzugs, der nun im Technikmuseum bestaunt werden kann und dann entschwand der ergraute Raumfahrer wieder durch die Seitentür.
Buzz, es war mir eine Freude!
Weitere Links:
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