I want to believe: Mein #BarCamp unterm Alu-Hut

Da war es also wieder, mein mittlerweile, siebtes, achtes, neuntes #BarCamp? Premiere für mich allerdings war das BarCamp im Essener Unperfekthaus. Das Achte seiner Art. Auch allgemein als #bcruhr9, Nummer sieben fiel mal aus, verschlagwortet. Als Location ist dieses Haus allerdings gar nicht so unperfekt, sondern ziemlich genial. Viele bekannte Gesichter und trotzdem immer wieder eine gute Gelegenheit, neue Leute und Ideen kennen zu lernen. Und natürlich auch immer wieder die alte Frage: Was zur Hölle ist das hier eigentlich?

Profis überspringen diesen Absatz jetzt bitte, Neugierige bleiben dran: Ein BarCamp ist eine so genannte „Unkonferenz“. Das Gegenstück zur klassischen Konferenz mit feststehender Agenda, überzogenen Eintrittspreisen, vielen Krawatten und Buzzwordgeschmeiße. Auf einem BarCamp hingegen steht nicht der Frontalunterricht im Vordergrund, hier treffen sich Menschen um Ideen und Themen auszutauschen, zu Netzwerken und sich inspirieren zu lassen. So steht im Vorfeld auch keine Agenda fest. Jeder BarCamper ist aufgerufen, sich mit einem eigenen Thema zu beteiligen, die so genannte „Session“. Man weiß also im Vorfeld nie so genau, was einen eigentlich erwartet. Und am Ende sind für jeden dann trotzdem immer ein paar spannende Themen dabei. Muss jeder Teilnehmer eine Session anbieten? Nein, natürlich nicht. Aber es ist gern gesehen.

#bcruhr9 Sessionplan Tag 1. Foto: Autor

#bcruhr9 Sessionplan Tag 1. Der Alu-Hut mittendrin…. Foto: Autor

Nach meiner Beauty-Fotosession auf dem #barcampDUS im Oktober 2014 habe ich auf dem #bcruhr9 auch wieder ein Thema mitgebracht. Unter dem Eindruck steigender Verbreitung von allerhand Bullshit (anders kann man es wohl nicht bezeichen) in den Sozialen Netzwerken habe ich mich auf die Suche nach der Geschichte der Verschwörungstheorien gemacht. Über die Anfänge, ihre Urheber und deren Gründe, die Welt mit allerlei Humbug zu fluten. Zu meiner freudigen Überraschung stießt das Thema auch gleich auf reges Interesse und meine anfänglichen Bedenken, mit meiner mitgebrachten Powerpoint-Präsentation vom Hof gejagt zu werden, lösten sich schnell in Rauch auf.

Eine kurze Geschichte der Verschwörungstheorien

„I Want to Believe“, so der Titel meiner Session führte die Teilnehmer in die Anfänge der Verschwörungstheorien zurück. Bis in das Jahr 415 vor Christus, als über Nacht im antiken Athen die Köpfe vieler Hermensäulen abgeschlagen wurden und man dies dem Neffen des Begründers der attischen Demokratie, Perikles, in die Schuhe schob. Alkibiades wollte nämlich gerade mit seiner Streitmacht nach Sizilien auslaufen, als ihm die Athener den so genannten „Hermenfrevel“ vorwarfen. Historiker sind sich heute größtenteils einig, dass er nicht derjenige welche Unhold war, der den Schutzgeistern auf den Hermenpfählen die Rübe abschlug. Einen schönen Radiobeitrag zum Hermenfrevel von Athen, den ich auf dem BarCamp leider nicht vorspielen konnte, gibt es vom Bayerischen Rundfunk zum nachhören.

Alu-Hut Kritiker unter sich. Die Verschwörungs-Session auf dem #bcruhr9. Foto: Rouven Kasten/@gestalterhuette

Alu-Hut Kritiker unter sich. Die Verschwörungs-Session auf dem #bcruhr9. Foto: Rouven Kasten/@gestalterhuette

Von der Ritualmordlegende im Mittelalter, einer antisemitischen Verschwörungm bei denen Juden die Opferung und sogar der anschließender Verzehr von Kindern nachgesagt wurde, ging es weiter in die Neuzeit. Vom Roswell-Zwischenfall 1946 bis zur Reptiloiden-Verschwörung aus den 70er Jahren. Auch diese eine Theorie mit antisemitischem Anstrich. Die Welt sei von Reptilien unterwandert, die nichts anderes planten als die Weltherrschaft. In Gang gebracht wurde die Theorie von David Icke, einem britischen Buchautoren, der auch sonst mit rechtspopulistischen Thesen auffällt. Ohnehin kann als Quintessenz zu Verschwörungstheorien gesagt werden, dass sie entweder zur Diffamierung von Minderheiten erfunden werden oder aber, damit sich einige Klamme Buchautoren oder Verlage mit phantastischen Geschichten ein gutes Leben machen können. Auffällig oft sind die Urheber der wahnwitzigsten Ideen Publizisten oder gar Verleger. Sie schreiben ihre Bücher, gehen auf Tournee und scharen stets eine hörige Menge „Follower „um sich herum, die ihnen bereitwillig jeden Mumpitz glaubt.

Keine Idee ist zu blöde, Verschwörungstheoretiker finden immer eine Begründung

Warum glauben Menschen eigentlich diesen ganzen Unsinn von Chemtrails am Himmel, einer flachen oder gar hohlen Erde, einer geheimen Nazi-Basis auf dem Mond oder vermuten hinter jedem Anschlag oder Unglück eine Verschwörung der USA, Israel oder einem anderen politischen Gegener? Der Frage ging es während der Session nachzugehen und bei der Antwort waren wir uns im Grunde alle einig. Sei es, um die eigene politische Meinung zu untermauern, das eigene Weltbild zu festigen oder aber aus einem langweiligen Leben ausbrechen zu können. Vielleicht sogar um sich besser als andere fühlen zu können, weil man glaubt, etwas zu wissen, das die große Mehrheit einfach nicht sieht. Das Gefühl auserwählt zu sein, erleuchtet.

Leider, so ist die bitte Wahrheit wohl in den meisten aller Fälle geht die Erleuchtung zu Lasten der Zurechnungsfähigkeit. Denn auch wenn eine Theorie wiederlegt wurde, einem wahren Anhänger ist keine Idee zu blöde, warum sie doch wieder stimmen muss. Fakten sind dabei in der Regel völlig egal.

Debunked: Eine Verschwörungstheorie wird enttarnt. Nur, das beeindruckt die Verschwörungstheoretiker wenig. Hier: Das Marsgesicht. Fotos: NASA

Debunked: Eine Verschwörungstheorie wird enttarnt. Nur, das beeindruckt die Verschwörungstheoretiker wenig. Hier: Das Marsgesicht. Fotos: NASA

Das Marsgesicht zum Beispiel. Eine Aufnahme aus dem Jahr 1978 ließ vermuten, dass auf dem Mars intelligente Wesen am Werke waren. Ein „Gesicht“ war auf den Bildern der Viking-Sonde zu erkennen. Jahrelang sponnen sich phantastische Geschichten um das Gesicht. Von einer vergangenen Zivilisation war die Rede. Ja, selbst Pyramiden meinte man auf den Fotos zu identifizieren. Bücher wurden geschrieben, Filme gedreht. Eine Tolle Story. Aber eben nur in der Phantasie. 1998 kamen bessere Fotos vom Mars zur Erde. Die Mars Reconnaissance Mission fotografiert die Gegend erneut. Mit besseren Kameras, höherer Auflösung und einem anderen Licht. Aus den Pyramiden und dem Marsgesicht wurde das, was es wohl immer schon war: Rauher Fels im Marssand.

Doch wer glaubt, das würde einen echten Verschwörungstheoretiker vom Glauben abbringen, irrt. Sie sind stets unermüdlich in ihrer Kreativität sich eine eigene Realität zusammen zu bauen. So schreibt etwa ein Verfechter auf seiner Webseite:

Wenn die „neuen“ Bilder wirklich echt sind, wie kann es dann möglich sein, dass das Gesicht oder der angebliche Fels, tausende von Jahren auf dem Mars deutlich als menschliches Gesicht erkennbar war, um dann urplötzlich, innerhalb weniger Jahre (Viking 1976 – MGS 1998) nahezu vollkommen unter Staub und/oder Sand zu verschwinden?

Tja, wie kommt das nur? Vielleicht lag es einfach daran, dass der Fels auch vor tausenden von Jahren schon völlig unter Staub und Sand begraben lag und das einzige, was sich geändert hat, nicht der Fels war, sondern einfach nur die Qualität, mit der Menschen Fotos aufnehmen können. Und das innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten. Von der Camera Obscura zur Spiegelreflex, vom Analogfoto zum digitalen Abbild.

Aber so ist das halt mit den Menschen. Oder wie einer meiner Lieblingsautoren phantastischer Geschichten, Douglas Adams, einmal schrieb:

Der Mensch, mit seiner nahezu einzigartigen Fähigkeit, aus den Fehlern anderer zu lernen, ist ebenso einzigartig in seiner festen Weigerung, genau das zu tun!

Hurra, die #AluHut-Session schafft es sogar in die Themenwolke. Foto: Autor

Hurra, die #AluHut-Session schafft es sogar in die Themenwolke. Hier: Twitterwall auf dem #bcruhr9. Foto: Autor

Wie so oft bei einem BarCamp kann man sich schnell auch mal außerhalb der Sessions festquatschen und wenn man dann nicht aufpasst, entgehen einem die ein oder anderen spannenden Vorträge. Auch hatte ich nur den BarCamp Samstag Zeit und habe daher am Sonntag offenbar auch eine schöne Session über 3D-Drucker verpasst. Aber das gute an solchen BarCamps ist ja, dass man vor allem über Twitter auch in Abwesenheit immer gut über den weiteren Verlauf im Bilde bleibt!

Gefreut hat mich, dass das Thema vermutlich sogar BarCamper eine schöne Story über Verschwörungstheorien, ich saß bei Ihm noch kurz zuvor in seiner Session über gutes Community Management, inspiriert hat, noch am selben Abend eine schöne Story über Verschwörungstheorien zu verfassen!

In diesem Sinne… glaubt nicht alles was ihr lest, hinterfragt stets, bevor ihr eine Story teilt und wir sehen uns hoffentlich in einem der nächsten BarCamps der Region wieder!

Der Dank gilt wie immer auch den Sponsoren, ohne die dieses BarCamp nicht möglich gewesen wäre!


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